Irreführende Angaben im Angebot und unrichtige Kennzeichnung der angebotenen Waren
Die Angabe von irreführenden Informationen im Laufe des öffentlichen Vergabeverfahrens kann einerseits eine Grundlage für die Ausschließung des Unternehmers gem. Art. 24 und andererseits für die Ablehnung des Angebots gem. Art. 89 Abs. 1 Nr. 3 des Rechts des öffentlichen Vergabewesens darstellen.
Grundlage für die Ausschließung des Unternehmers
Von dem Vergabeverfahren wird ein Unternehmer ausgeschlossen, der infolge der vorsätzlichen Handlung oder groben Fahrlässigkeit den Auftraggeber bei der Angabe bestimmter Kategorien der Informationen in Irre geführt hat. Es geht dabei um Informationen darüber, ob der Unternehmer von dem Verfahren ausgeschlossen werden soll, ob der Unternehmer die Bedingungen für die Teilnahme an dem Verfahren oder objektive und nicht diskriminierende Kriterien erfüllt. Dieselbe Folge für den Unternehmer hat die Verheimlichung dieser Informationen. Die Ausschließung betrifft auch den Unternehmer, der infolge von Leichtfertigkeit oder Fahrlässigkeit dem Auftraggeber irreführende Informationen mitgeteilt hat, die einen wesentlichen Einfluss auf die Entscheidungen des Auftraggebers im Rahmen des Vergabeverfahrens haben können.
Es wird angenommen, dass die irreführenden Angaben in Bezug auf die bei der Beurteilung der Angebote verwendeten Kriterien immer wesentlichen Einfluss auf die von dem Auftraggeber im Rahmen des Vergabeverfahrens zu treffenden Entscheidungen haben. Eine solche Verhaltensweise kann gleichzeitig als unlautere Wettbewerbshandlung eingestuft werden.
Irreführung als unlautere Wettbewerbshandlung
Eine unlautere Wettbewerbshandlung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 des Gesetzes über die Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs ist die Verbreitung unwahrer oder irreführender Informationen über den eigenen oder einen anderen Unternehmer bzw. über ein Unternehmen, in der Absicht einen Vorteil zu erlangen oder Schaden zuzufügen.
Irreführende Informationen können sich auf den Unternehmer selbst, auf seine Erfahrung und Qualifikationen, Personen, mit denen er sich bei der Ausführung des Auftrags bedient, die rechtliche und finanzielle Lage, die verwendeten Materialien oder die Art der bereits realisierten Arbeiten beziehen.
Zur Ausschließung des Unternehmers oder zur Ablehnung des Angebots ist die Feststellung der konkreten Unrichtigkeiten durch den Auftraggeber erforderlich. Um die Umstände des Einzelfalls zu erläutern, kann der Auftraggeber den Unternehmer zur Bekanntgabe der Informationen bzw. zur Vorlage weiterer Dokumente auffordern.
Beispielsweise wurde die Frage der irreführenden Informationen in einem Fall analysiert, in dem schon nach der Auswahl des günstigsten Angebots dem Unternehmer die Angabe der unwahren Informationen über die berufliche Erfahrung des Bauleiters vorgeworfen wurde. Der Unternehmer deklarierte, dass der Bauleiter die im Vergabeverfahren vorausgesetzte 8-jährliche Erfahrung in der Leitung von Arbeiten mit bitumigen Stoffen hat. Das Angebot dieses Unternehmers wurde als das günstigste ausgewählt und ein anderer Teilnehmer des Verfahrens hat einen Widerspruch eingelegt. Im Laufe des Widerspruchsverfahrens hat sich der Vorwurf nicht bestätigt und die Landeswiderspruchskammer hat festgestellt, dass aus den von dem Unternehmer vorgelegten Informationen sich die entsprechende Berufserfahrung des Bauleiters ergab und die Authentizität dieser Dokumente nicht widerlegt wurde. Da die Argumentation des Widerspruchsführers nicht ausreichend war, wurde der Widerspruch abgewiesen (vgl. Urteil der Landeswiderspruchskammer vom 24. August 2017, Az. KIO 1653/17).
In der Rechtsprechung nimmt man an, dass
die Ausschließung des Unternehmers wegen der Angabe von unwahren Informationen erst dann erfolgen kann, wenn der Auftraggeber imstande ist, die Unrichtigkeit der angegeben Informationen zu verifizieren und wenn diese Unrichtigkeit eindeutig bestätigt wird. Für die Beurteilung, ob eine Grundlage für die Ausschließung des Unternehmers besteht, ist die Feststellung am wichtigsten, dass die Information, die realen Einfluss auf das Ergebnis des Verfahrens hatte, objektiv und zweifellos mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmt. Somit kann sich der Begriff »unwahre Informationen« ausschließlich auf die im Laufe des Verfahrens abgegebenen Wissenserklärungen und nicht auf die Willenserklärungen beziehen (vgl. Urteil des Landgerichts Kattowitz vom 11. April 2013, Az. XIX Ga 179/13).
Falsche Warenkennzeichnung
Als eine unlautere Wettbewerbshandlung gilt auch eine falsche Kennzeichnung der durch den Unternehmer angebotenen Waren, d.h. die im Art. 10 des Gesetzes über die Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs genannte Handlung. Diese besteht in einer solchen Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen oder der Unterlassung dieser Kennzeichnung, die Kunden hinsichtlich der Herkunft, Menge, Qualität, Bestandteile, der Herstellungsart, der Brauchbarkeit, Anwendbarkeit, Reparatur, Wartung oder sonstiger wesentlicher Merkmale der Waren oder Dienstleistungen irreführen kann, sowie die Verheimlichung des mit ihrem Gebrauch verbundenen Risikos vor den Kunden.
Diese Handlung kann allerdings nur durch diejenigen begangen werden, dem die Pflicht zur ordnungsgemäßen Kennzeichnung von Produkten obliegt (vgl. Urteil der Landeswiderspruchskammer vom 24. Februar 2016, Az. KIO 183/16). Dies betrifft in der Regel einen Hersteller, es sei denn, dass sich aus den Rechtsvorschriften ergibt, dass auch ein Importeur oder Vertreiber für die Kennzeichnung der Produkte verantwortlich sind.