Polnisches Barrierefreiheitsgesetz – neue Standards für den gleichberechtigten Zugang zu Produkten und Dienstleistungen
Am 28. Juni 2025 trat das polnische Gesetz über die Einhaltung der Barrierefreiheitsanforderungen für bestimmte Produkte und Dienstleistungen durch Unternehmen in Kraft.
Mit dem polnischen Barrierefreiheitsgesetz wird die Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen, auch als Europäischer Rechtsakt zur Barrierefreiheit (EAA) bezeichnet, umgesetzt.
Ziel der Regelungen ist es, den gleichberechtigten Zugang zu Produkten und Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen und besonderen Bedürfnissen zu gewährleisten.
Als Menschen mit Behinderungen werden Personen definiert, die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können.
Die Pflicht zur Anpassung von Produkten und Dienstleistungen an die neuen Vorschriften gilt sowohl für Hersteller und deren Bevollmächtigte als auch für Importeure, Vertreiber und Dienstleister.
Die neuen Regelungen gelten jedoch nicht für Kleinstunternehmer.
Die Anforderungen an die Barrierefreiheit gelten für die folgenden Produkte, die nach dem 28. Juni 2025 in Verkehr gebracht werden:
- Hardwaresysteme und deren Betriebssysteme für Universalrechner für Verbraucher,
- Zahlungsterminals und Selbstbedienungsterminals, die für die Erbringung von Dienstleistungen bestimmt sind, die unter das Gesetz fallen, wie Geldautomaten, Fahrkarten- und Check-in-Automaten, interaktive Terminals für die Bereitstellung von Informationen,
- Endgeräte für Verbraucher, die für die Erbringung von elektronischen Kommunikationsdiensten und den Zugang zu audiovisuellen Mediendiensten verwendet werden
- E-Book-Lesegeräte.
Der Leistungsumfang des Barrierefreiheitsaktes umfasst:
- elektronische Kommunikationsdienste
- audiovisuelle Mediendienste
- begleitende Dienstleistungen im Bereich der Personenbeförderung im Luft-, Bus-, Schienen- und Schiffsverkehr (Websites, mobile Anwendungen, elektronische Tickets und deren Verkaufssysteme, Selbstbedienungsterminals, Bereitstellung von Informationen)
- Bankdienstleistungen für Verbraucher,
- E-Book-Vertriebsdienste,
- Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr.
Die Anforderungen, die Produkte und Dienstleistungen erfüllen müssen, sind in Anhang I des EAA festgelegt und im polnischen Barrierefreiheitsgesetz wiedergegeben. Geregelt wird der Umfang und die Art und Weise der Bereitstellung von Informationen, einschließlich Gebrauchsanweisungen; die Benutzerschnittstelle, die es Menschen mit Behinderungen ermöglicht, auf das Produkt zuzugreifen, es wahrzunehmen, zu bedienen, zu verstehen und zu steuern, sowie die Bereitstellung von Unterstützungsdiensten wie technische Hilfe, Help-Desk, Call-Center. Darüber hinaus wurden funktionelle Kriterien für die Nutzung von Produkten oder Dienstleistungen durch Menschen mit fehlendem und eingeschränktem Sehvermögen, mit fehlendem Farbunterscheidungsvermögen, mit fehlendem oder eingeschränktem Hörvermögen, mit fehlendem Sprachvermögen, mit eingeschränkten manuell-motorischen Fähigkeiten oder eingeschränkter Kraft, mit Risiko eines fotosensitiven Anfall oder Meschen mit eingeschränkter Kognition formuliert.
Der Rechtsakt zur Barrierefreiheit sieht ein Beschwerdesystem vor, in dem Verbraucher sich in erster Linie an das Unternehmen richten können, das für die Gewährleistung der Barrierefreiheit des Produkts oder der Dienstleistung verantwortlich ist.
Die Marktaufsicht in diesem Zusammenhang wird vom Präsidenten des Staatlichen Fonds für die Rehabilitation von Menschen mit Behinderungen (PFRON) wahrgenommen, der befugt ist, Kontrollen durchzuführen und Interventionsmaßnahmen zu ergreifen oder den Fall an die Aufsichtsbehörden der einzelnen Märkte, wie z.B. an den Präsidenten des Amtes für Elektronische Kommunikation, den Finanzombudsmann, den Präsidenten des Amtes für Eisenbahnverkehr oder den Präsidenten der Zivilluftfahrtbehörde, zu verweisen.
Hersteller und Dienstleister, die die Anforderungen an die Barrierefreiheit nicht einhalten oder nicht mit den zuständigen Behörden zusammenarbeiten, um den Sachverhalt zu klären, können mit Geldbußen belegt werden. Die Geldbuße kann bis zum Zehnfachen des durchschnittlichen Monatsgehalts in der Volkswirtschaft des Vorjahres betragen, jedoch nicht mehr als 10 % des Umsatzes, der in dem Geschäftsjahr erzielt wurde, das dem Jahr vorausgegangen ist, in dem die Sanktion verhängt wird.
Es sollte betont werden, dass die neuen Regelungen nicht für Produkte gelten, die vor dem 28. Juni 2025 in Verkehr gebracht wurden, für bereits bestehende Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen, mit der Maßgabe, dass sie bis spätestens 28. Juni 2030 in Kraft sein können, sowie für Inhalte, die vor dem Datum des Inkrafttretens der neuen Vorschriften auf Websites und in mobilen Anwendungen veröffentlicht wurden.