Auskunftsanspruch und seine Voraussetzungen

Die Geltendmachung von Ansprüchen wegen unlauteren Wettbewerbs wird häufig durch den fehlenden Zugriff des geschädigten Unternehmers auf Daten, die sich im Besitz des Verletzers oder einer anderen Personen befinden, erschwert. Erst nach der Einholung der relevanten Informationen wird die korrekte Formulierung von Ansprüchen möglich. Das betrifft insbesondere Schadensersatzansprüche und Ansprüche auf Herausgabe ungerechtfertigt erlangter Vorteile.

Gem. Art. 479113 des poln. Zivilverfahrensgesetzbuchs kann sich der Unternehmer in allen Sachen aus dem Gebiet des geistigen Eigentums, darunter auch in Wettbewerbssachen, an das Gericht mit dem Antrag auf Verpflichtung des Gegners oder einer anderen Person zur Erteilung bestimmter Informationen, wenden. Dies kann sowohl vor der Einleitung des Gerichtsverfahrens als auch im Laufe des Verfahrens bis zum Abschluss der mündlichen Verhandlung erfolgen. Die verlangten Informationen können sich auf die Herkunft sowie auf das Vertriebsnetz von Waren oder Dienstleistungen beziehen und müssen für die Geltendmachung von Ansprüchen unentbehrlich sein.

Eine Voraussetzung für die Stattgabe dem Auskunftsbegehren durch das Gericht ist die Glaubhaftmachung der Umstände der Rechtsverletzung durch den Antragsteller.

Die oben genannte Voraussetzung wurde Gegenstand der Auslegung im Lichte der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlamentes und Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums in dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 27. April 2023 in der Sache C-628/21.

Der Gerichtshof ist der Auffassung, dass derjenige, der einen Antrag auf Auskunftserteilung stellt, alle vernünftigerweise verfügbare Beweise vorlegen soll, die dem Gericht ermöglichen, sich mit der hinreichenden Sicherheit davon zu überzeugen, dass dem Antragssteller ein bestimmtes Recht zusteht, das verletzt wurde. Dies erfolgt durch Vorlage Beweismittel, die im Lichte des Charakters eines solchen Rechts und etwaigen anwendbaren besonderen Formalitäten einschlägig sind.

Gegenstand des nationalen Verfahrens, im Rahmen dessen die Vorabentscheidungsfrage dem EuGH vorgelegt wurde, war die Verletzung der Urheberrechte durch die Baumarktkette, die dekorative Elemente mit der Reproduktionen von Bildern ohne Zustimmung des Autors verkauft hatte. Es war also zu prüfen, ob der Antragsteller in seinem Auskunftsersuchen nachgewiesen hat, dass ihm tatsächlich Urheberrechte an diese Bilder zustehen.

Aus dem Urteil des EuGH ergibt sich, dass der Umfang der verlangten Informationen in jedem Fall individuell zu beurteilen ist und dass das Verfahren, im Rahmen dessen das Auskunftsersuchen entschieden wird, und das Verfahren zur Feststellung der Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums separat betrachtet werden sollen, was auch für das Beweisregeln gilt.

Der Antragsteller muss die Umstände nachweisen, die auf eine Rechtverletzung hinweisen. Diese Voraussetzung kann in Bezug auf verschiedene Rechtssachen, die unter der gemeinsame Kategorie des „geistigen Eigentums” fallen, einen unterschiedlichen Formalitätsgrad und unterschiedliche Beweismittel erfordern.

Laut des genannten Urteils des EuGH soll das nationale Gericht beurteilen, ob das Auskunftsersuchen begründet und verhältnismäßig ist und ob es keinen Rechtsmissbrauch darstellt.

Es ist daher zu betonen, dass es nicht möglich ist, im Voraus generelle Kriterien für die Beurteilung der Auskunftsersuchen festzulegen. In Sachen, in denen die Rechtsverletzung in der Begehung einer unlauteren Wettbewerbshandlung besteht, sollen die Tatbestandsmerkmale der konkreten mutmaßlichen unlauteren Handlung sowie die Art der geltend gemachten Ansprüche unter Betracht gezogen werden. Das sind die Faktoren, die sich auf den Umfang der verlangten Auskünfte und somit auf die Begründetheit des gem. Art. 479113 poln. ZVGG gestellten Antrags auswirken.

 

  • Urteil des EuGH vom 27. April 2023, C-628/21