Umstrittener Biohumus – kann die Bezeichnung des Düngers in Bezug auf seine Zusammensetzung irreführend sein?

In der Rechtssache aus dem Gebiet des unlauteren Wettbewerbs, die vor dem polnischen Obersten Gerichtshof  gelandet hat, war der ein Hersteller von organischen und organisch-mineralischen Düngemitteln, die dem Namen „Biohumus“ vermarktet wurden. Der Kläger warf dem Beklagten vor, die Kunden über die Zusammensetzung der angebotenen Düngemittel irregeführt zu haben. Das solle eine unlautere Wettbewerbshandlung im Sinne des § 10 des Gesetzes zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs darstellen.

Biohumus, auch als Wurmkompost bezeichnet, ist ein Dünger natürlichen Ursprungs, der unter Beteiligung von Regenwürmern hergestellt wird. Der Beklagte verfügte über die entsprechende Genehmigung, die das Inverkehrbringen seines Düngemittels erlaubte, sowie über eine eingetragene Wort- und Bildmarke, die dem auf der Verpackung der Produkte verwendeten Logo entsprach. Sein Produkt enthielt jedoch keinen Wurmkompost. Dies ergab sich ausdrücklich aus der auf dem Etikett angegebenen Zusammensetzung.

Sowohl das Gericht der ersten Instanz als auch das Berufungsgericht haben festgestellt, dass die von dem Beklagten angebotenen Waren zwar kein Biohumus sind und keinen Biohumus enthalten, ihre Kennzeichnung mit dem Begriff „B.“ jedoch keine Verwechslungsgefahr, d. h. eine Irreführung der Kunden, mit sich bringt. Das erstinstanzliche Gericht ging davon aus, dass die Verwendung eines solchen Begriffs nicht bedeutet, dass es sich bei dem Produkt um Wurmkompost handelt oder dass es einen Stoff mit einem solchen Namen enthält. Darüber hinaus sei die Beschreibung der Ware auf dem Etikett genug zuverlässig, informierte umfassend über die Zusammensetzung und die Eigenschaften des Düngemittels, deshalb konnte der Kunde die Waren, ihre Eigenschaften und die Art ihrer Verwendung kennen. Das Berufungsgericht stellte seinerseits dagegen fest, dass der Begriff „Biohumus“ so vage sei, dass seine Verwendung die Verbraucher nicht irreführe.

Eine andere Stellungnahme wurde vom Obersten Gerichtshof vertreten, der über die Kassationsbeschwerde in diesem Fall entschieden hat.

Nach Auffassung des Obersten Gerichtshofs deutet die Bezeichnung des Erzeugnisses mit einem bestimmten Namen darauf hin, dass es sich bei dem Produkt um Biohumus (Wurmkompost) handelt oder zumindest dass er diese Substanz in einer Menge enthält, die die Eigenschaften der Ware erheblich beeinflusst. Daher kann die Verwendung eines solchen Begriffs die Kunden in die Irre führen, wenn der streitgegenständliche Dünger keinen Biohumus in seiner Zusammensetzung enthält.

Unter Bezugnahme auf das Modell des Durchschnittsverbrauchers stellte der Oberste Gerichtshof fest, dass die bloße Angabe der Zusammensetzung der Ware auf der Verpackung die Verwechslungsgefahr nicht ausschließt, wenn andere Elemente der Verpackung darauf hindeuten, dass das Produkt eine andere Zusammensetzung oder andere Eigenschaften aufweist. Die Angabe der tatsächlichen Zusammensetzung der Waren kann den irreführenden oder mehrdeutigen Eindruck anderer Elemente auf der Verpackung beim Verbraucher möglicherweise nicht beseitigen. Die Beurteilung der Frage, ob eine Produktbezeichnung eine Verwechslungsgefahr hinsichtlich ihrer Zusammensetzung begründet, erfordert daher eine Analyse aller verschiedenen Bestandteile, aus denen sich die Verpackung der Ware zusammensetzt, um festzustellen, ob der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher hinsichtlich des Vorhandenseins des betreffenden Stoffes in der Zusammensetzung des Produktes irregeführt werden kann. Darüber hinaus stellte der Oberste Gerichtshof fest, dass es umstritten sei, ob der Verbraucher nach der Lektüre der Informationen auf dem Etikett der Ware beurteilen kann, ob sie Wurmkompost enthält oder nicht, da dieser Begriff selbst für Experten mehrdeutig sei.

Das Gericht verwies auf sein Urteil vom 12. Dezember 2008 in der Rechtssache II CSK 387/08, in dem entschieden wurde, dass das Recht zur Verwendung der Gattungsbezeichnung „Biohumus“ davon abhängt, ob das Produkt tatsächlich den Wurmkompost enthält und ob dieses Wort in Bezug auf die Zusammensetzung des Düngemittels irreführend sein kann.

Das Urteil des Berufungsgerichts wurde von dem Obersten Gerichtshof aufgehoben und die Sache wird erneut entschieden. Die Frage des strittigen Begriffs „Biohumus“ sei daher nicht abschließend geklärt Zusätzlich hat der Oberste Gerichtshof nahegelegt, dass die Irreführung der Verbraucher auf die bloße Mehrdeutigkeit des verwendeten Begriffs „Biohumus“ zurückzuführen sei. Es soll auch geprüft werden, ob es nicht deshalb zur Irreführung kommt, dass der Beklagte seine Ware so bezeichnet, dass der Eindruck entsteht, dass sie den gleichen Stoff wie die von der Klägerin angebotenen Düngemittel enthalte.

  • Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 23. März 2022, II CSKP 621/22