Bewertungen, Ranglisten, Rezensionen im Internet und unlauterer Wettbewerb
Wo endet die Meinungsfreiheit und wo beginnt die Rechtsverletzung?
Heutzutage können wir uns ein Leben ohne Internet und moderne Technologien nicht mehr vorstellen. Sie erleichtern unser tägliches Leben sowohl im privaten als auch im beruflichen Bereich. Der fast unbeschränkte Zugang zum Internet und die fehlende Verlegenheit bei der Äußerung eigener Meinungen aus der Perspektive eines anonymen Benutzers des globalen Netzes haben aber auch andere, dunklere Seiten.
Bewertungen und Kommentare, die auf den verschiedenen Webseiten eingestellt werden, verbreiten sich blitzschnell, und zwar unabhängig davon, ob sie richtig oder falsch sind, durch eine Person geäußert wurden, die tatsächlich Dienstleistungen eines Unternehmens in Anspruch genommen hat oder von der Konkurrenz inspiriert worden ist.
Allgegenwärtige Bewertungen und trügerische Anonymität
Wenn man den Einfluss der im Internet geäußerten Meinungen auf den guten Ruf von Unternehmen und die damit verbundenen Rechtsfragen beobachtet, verdeutlicht man sich immer öfter, dass die in der Dystopien wie die Serie „Black Mirror” vorgestellten Visionen der Zukunft nicht gerade so wirklichkeitsfremd wie noch vor ein paar Jahren erscheinen.
Es genügt hier das in China unter dem Namen Social Credit System eingeführte Pilotprojekt zur Bewertung der Bürger. In diesem Programm helfen solche Aktivitäten wie Beachtung von Rechtsvorschriften, fristgemäße Begleichung von Rechnungen oder Entfernung des Hundekots eine positive Note zu bekommen, was das tägliche Leben auf vielen Ebenen erleichtert. Ein Rechtsversstoß, Schwarzfahren oder sogar die verspätete Zahlung für die Stromrechnung kann dazu führen, dass die chinesische Bank die Erteilung eines Darlehens verweigert oder dass jemand den erträumten Job nicht bekommt.
Wie in der Serie „Black Mirror” kann ein schlechtes Ergebnis in einem Ranking dazu führen, dass einer Person der Verkauf eines Flugtickets verweigert werden kann. Im Rahmen dieses Systems werden sowohl natürliche Personen als auch Firmen beurteilt. Die Nachlassangebote oder die bevorzugte Behandlung von Personen mit hohen Bewertungen hören sich sehr verlockend an, allerdings kann die Überwachung verschiedener Aktivitätssphären und die automatische Bewertung auch sehr einfach menschliches Leben zerstören und sogar zur Tragödie führen.
Sollten diese dunkle Visionen uns nicht dazu bringen, jegliche Bewertungsportale im Internet mit größerer Distanz zu betrachten?
Bewertungen im Internet können wertvolle Informationen liefern, warnen oder loben, zur Inanspruchnahme von Dienstleistungen eines bestimmten Objekts ermuntern oder Kunden wirksam abschrecken. Die Prüfung von Rezensionen im Internet wurde zur Gewohnheit. Wir prüfen im Internet, welche Noten einem Hotel oder Gasthaus ausgestellt wurden, bevor wir einen Urlaubsort wählen (z.B. auf booking.com, tripadvisor.com), wie viele Sterne die Internetnutzer einem Restaurant gegeben haben, bevor wir entscheiden, wo wir zu Abend essen (z.B. zomato.com), oder welcher Arzt im Rahmen seiner Spezialisierung am besten durch Patienten bewertet wurden, bevor wir einen Termin vereinbaren (z.B. znanylekarz.pl, dobrylekarz.pl).
Fast jeder Internetnutzer nutzt die Google-Suchmaschine und Google Maps. Die Maps dienen nicht nur den Lokalisierungszwecken, sondern enthalten viele Informationen über besuchte Orte, touristische Attraktionen, Restaurants, Hotels und lokale Firmen, darunter auch die durchschnittliche Bewertung (berechnet aufgrund der von Internetnutzern verliehenen Sterne) sowie Rezensionen. Aufgrund eigener, näher nicht bestimmten Kriterien entscheidet Google Maps auch darüber, welche Rezensionen „am relevantesten“ sind und platziert diese an der Spitze der Liste nach eigener willkürlicher Wahl. Die Algorithmen entscheiden darüber, wann die einzelnen Bewertungen zu löschen sind und beeinflussen somit die allgemeine Bewertung eines bestimmten Objektes.
Die Äußerung eigener Meinungen über Ortschaften oder Firmen wird grundsätzlich durch die verfassungsrechtliche Meinungsfreiheit gedeckt. Es ist jedoch sehr einfach, besonders im anonymen Netz, die Grenzen der Meinungsfreiheit zu überschreiten und sehr oft in brutaler Weise in die Sphäre der Rechte und Freiheiten anderer Personen oder Unternehmen einzugreifen.
Nicht immer sind wir uns bewusst, dass ein großer Teil der Rezensionen in den Bewertungsportalen oder auf Google Maps durch beauftragte Marketing Agenturen (positive Rezensionen) veröffentlicht oder durch Wettbewerber (negative Bewertungen, Verleumdungen, Hasskommentare) angeregt werden. In vielen Fällen ist auf den ersten Blick sichtbar, welche Bewertungen echt sind und welche nur ein Ausdruck des unlauteren Wettbewerbs darstellen. Soll eine Bewertung, die durch einen anonymen Nutzer, der seinen Vor- und Nachnamen nicht verrät und soeben erst sein Konto im Portal gegründet hat, um eine negative Bewertung auszustellen und danach in der Anonymität unterzutauchen, ernst betrachtet werden?
Immer häufiger stößt man in Google Maps auf Rezensionen der sog. „Local Guides“, die im Rahmen des gleichnamigen Programms mit Google beim Aufbau des Google Maps-Dienstes zusammenarbeiten. Im Austausch dafür haben diese die Möglichkeit, ein höheres Level im Programm zu erreichen und die von Google angebotenen Vorteile zu nutzen. Je mehr ausgestellte Rezensionen, desto mehr Punkte im Rahmen des Local Guides-Programms. Und was ist damit, dass die Bewertungen oft für Lokalisierungen und Firmen abgegeben werden, deren Dienstleistungen ein „Local Guide” nie in Anspruch genommen hat und lediglich vorbeigegangen ist? Wer kümmert sich darum…
Wie viel Böses die falschen Kommentare im Internet verursachen können, erfahren wir erst dann, wenn wir ihre Folgen „an der eigenen Haut spüren”. In letzter Zeit hat sich darüber u.a. ein Kinderarzt aus Tychy überzeugen müssen. „Impfgegner“ versuchten, seinen guten Ruf Internetforen zu vernichten, bis rechtliche Schritte mit Hilfe der Staatsanwaltschaft einleitete.
Der Kampf um die Löschung negativer Bewertungen im Internet ist nicht einfach. Die von Google oder anderen Anbietern angebotene Funktion „Als unangemessen melden” ist zu wenig effektiv. Dies bedeutet jedoch nicht, dass wir in einer solchen Situation schutzlos sind. Die Vornahme rechtlicher Schritte bedarf selbstverständlich Mühe, aber oft stellt sie den einzigen Weg dar, um das Problem von falschen Rezensionen oder „Hass“ im Netz zu lösen und den durch die anderen Internetnutzer abgeschwächten guten Ruf wiederherzustellen.
Wir haben für Sie eine Reihe von Texten über die rechtlichen Aspekte der Bewertungen und Kommentare im Internet vorbereitet.
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