Online-Einkauf von Eintrittskarten für Kultur- und Sportveranstaltungen – wann ist das Widerrufsrecht ausgeschlossen?
Gegenstand des Vorabentscheidungsverfahrens vor dem Gerichtshof der EU war das Bestehen des Widerrufsrechts vom Vertrag, aufgrund dessen der Verbraucher über eine von der Ticketsystemdienstleisterin betriebene Online-Buchungsplattform Eintrittskarten zu einem von einem Dritten veranstalteten Konzert erworben hat. Das Konzert wurde wegen Einschränkungen, die die deutschen Behörden im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie erlassen hatten, abgesagt. Der Verbraucher verlangte die Rückzahlung des Kaufpreises für die Eintrittskarten.
Wichtig ist, dass die Richtlinie 2011/83/EU einen Ausnahmetatbestand regelt, nach dem das Widerrufsrecht von den im Fernabsatz und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verbraucherverträgen u.a. dann ausgeschlossen wird, wenn Dienstleistungen im Zusammenhang mit Freizeitbetätigungen erbracht werden und der Vertrag für die Erbringung einen spezifischen Termin oder Zeitraum vorsieht.
Das deutsche Gericht war der Auffassung, dass die oben genannte Ausnahme nur dem unmittelbaren Erbringer einer Dienstleistung im Zusammenhang mit Freizeitbetätigungen zugutekommen dürfe, d. h. dem Veranstalter des Konzerts, und nicht dem Ticketsystemdienstleister, dessen Tätigkeit sich auf die Abtretung eines Rechts auf Zugang zu diesem Konzert beschränke.
Nach Ansicht des EuGH ist es jedoch unerheblich, ob das Zugangsrecht vom Veranstalter der Freizeitbetätigung selbst oder von einem Vermittler abgetreten wird.
Im Urteil vom 31. März 2022 in der Sache C-96/21 bestätigte der Gerichtshof, dass die im Art. 16 der Richtlinie 2011/83/EU vorgesehene Ausnahme vom Widerrufsrecht einem Verbraucher entgegengehalten werden kann, der mit einem Vermittler, der im eigenen Namen, aber für Rechnung des Veranstalters einer Freizeitbetätigung handelt, einen Fernabsatzvertrag über den Erwerb eines Zutrittsrechts zu dieser Betätigung geschlossen hat, sofern:
- das Erlöschen der Verpflichtung gegenüber dem Verbraucher zur Erfüllung des Vertrags im Wege des Widerrufs dem Veranstalter der betreffenden Betätigung das Risiko in Verbindung mit der Bereitstellung der hierdurch frei gewordenen Kapazitäten auferlegen würde
und
- die Freizeitbetätigung, zu der dieses Recht Zutritt gewährt, zu einem bestimmten Zeitpunkt oder in einem bestimmten Zeitraum stattfinden soll.
– Urteil des EuGH vom 31. März 2022 in der Sache C-96/21 „Eventim”