Kennzeichnung „israelisches Erzeugnis” nicht immer zulässig

Die Frage der richtigen Kennzeichnung von Lebensmitteln spielt eine wesentliche Rolle im Prozess der Kaufentscheidung durch Verbraucher. Es stellt sich heraus, dass in manchen Fällen selbst die Bezeichnung eines Herkunftslandes einer Ware problematisch sein kann.

Die Regelungen betreffend die Bereitstellung von Informationen über Produkte, darunter über Herkunftsland, befinden sich u.a. in der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel.

Die Auslegung der Vorschriften der o.g. Verordnung war Gegenstand der Verfahrens vor dem Gerichtshof der Europäischen Union in der Sache C-363/18. Dem Verfahren zugrunde lag der Streit zwischen der Organisation juive européenne und der Vignoble Psagot Ltd und dem französischen Minister für Wirtschaft und Finanzen betreffend die Rechtsmäßigkeit des Gutachtens über die Angabe der Herkunft von Waren aus den vom Staat Israel seit 1967 besetzten Gebieten.

Der EuGH hat in seinem Urteil vom 12.  November 2020 über die Vorabentscheidungsfrage entschieden, indem er festgestellt hat, dass auf Lebensmitteln aus einem vom Staat Israel besetzten Gebiet nicht nur dieses Gebiet, sondern, falls diese Lebensmittel aus einer Ortschaft oder einer Gesamtheit von Ortschaften kommen, die innerhalb dieses Gebiets eine israelische Siedlung bildet, auch diese Herkunft angegeben werden muss.

Zur Begründung dieser Auffassung hat sich der EuGH auf die am 12. November 2015 veröffentlichte Mitteilung der Europäischen Kommission zu Auslegungsfragen über die Ursprungsbezeichnung von Waren aus den von Israel seit Juni 1967 besetzten Gebieten.

Im Einklang mit dem Völkerrecht  die Europäische Union die Souveränität Israels über die von Israel seit Juni 1967 besetzten Gebiete, namentlich die Golanhöhen, den Gazastreifen und das Westjordanland einschließlich Ostjerusalem, nicht anerkennt und sie nicht als Teil des israelischen Staatsgebiets betrachtet.

Da die Golanhöhen und das Westjordanland (einschließlich Ostjerusalem) völkerrechtlich kein Teil des israelischen Hoheitsgebiets sind, ist die Angabe ‚israelisches Erzeugnis‘ als inkorrekt und irreführend im Sinne der angeführten Rechtsvorschriften anzusehen.

Die Kommission hat auch Hinweise betreffend die Kennzeichnung der aus diesen Gebieten stammenden Produkte formuliert. Bei Erzeugnissen aus Palästina, die ihren Ursprung nicht in Siedlungen haben, könnte eine nichtirreführende Angabe des geografischen Ursprungs unter Beachtung der internationalen Praxis wie folgt lauten: ‚Erzeugnis aus dem Westjordanland (palästinensisches Erzeugnis)‘, ‚Erzeugnis aus dem Gazastreifen‘ oder ‚Erzeugnis aus Palästina‘.

Bei Erzeugnissen aus dem Westjordanland oder von den Golanhöhen, die ihren Ursprung in Siedlungen haben, wäre eine Angabe, die sich auf ‚Erzeugnis von den Golanhöhen‘ oder ‚Erzeugnis aus dem Westjordanland‘ beschränkt, nicht zulässig. Selbst bei Angabe des größeren Gebiets, in dem das Erzeugnis seinen Ursprung hat, würde der Verbraucher durch Weglassen der zusätzlichen geografischen Angabe, dass das Erzeugnis seinen Ursprung in israelischen Siedlungen hat, bezüglich des wahren Ursprungs des Erzeugnisses in die Irre geführt. In derartigen Fällen ist beispielsweise der Klammerzusatz ‚israelische Siedlung‘ oder ein gleichwertiger Ausdruck erforderlich. Somit wären Ausdrücke wie ‚Erzeugnis von den Golanhöhen (israelische Siedlung)‘ oder ‚Erzeugnis aus dem Westjordanland (israelische Siedlung)‘ zulässig.“

  • Urteil des EuGH vom 12. November 2019, C-363/18