Technologischer Produktionsprozess als Geschäftsgeheimnis

Die Klage wurde von einer Firma erhoben, die sich mit der Herstellung und mit dem Vertrieb von elektrischen und elektronischen Geräten beschäftigt. Die Klägerin hat alle Entwürfe ihrer Geräte in elektronischer Form auf eigenem Server aufbewahrt, der nur den ausgewählten Personen, darunter auch dem Leiter der Entwicklungsabteilung, Herrn X, zugänglich war.

X ist inzwischen mit Vertretern der konkurrierenden beklagten Firma, die die Herstellung der gleichen Geräte in Planung hatte, in Kontakt getreten. Während der Gespräche mit dem stellvertretenden Geschäftsführer der Beklagten wurde Herr X sowie einige andere Arbeitnehmer der Klägerin zum Wechsel des Arbeitsplatzes überredet.  X, der den Übergang zur Firma der Beklagten vorhatte, hat den für die streitgegenständlichen Geräte zuständigen Ingenieur ausgefragt, wo genau auf der Festplatte seine Entwürfe aufbewahrt seien. Letztendlich wurde im Laufe der Kontrolle entdeckt, dass Herr X die technische Dokumentation der Klägerin auf die zusätzliche Festplatte, die in seinem Rechner aufgebaut war, kopiert hatte. Nachdem X der Arbeitsvertrag fristlos gekündigt worden war, hat er die Arbeit bei der Beklagten aufgenommen, die eine Elektronikabteilung eröffnete und neue Mitarbeiter eingestellt hat. Bald fing die Beklagte mit der Produktion der Geräte gleichen Typs wie Klägerin an.

Im Laufe des Verfahrens wurde festgestellt, dass die von der Klägerin und der Beklagten hergestellten Geräte unter konstruktions- und funktionellen Gesichtspunkten in sechs Fällen identisch und in drei Fällen ähnlich sind. Die eindeutige Unterscheidung der Geräte ist nur aufgrund der angebrachten Informationen mit den Marken der einzelnen Firmen, des Namens und Typs des Relaises sowie der Farbgebung möglich.

In der vorliegenden Angelegenheit wurde entschieden, dass die Beklagte die im Art. 11 Abs. 4 des polnischen Gesetzes über die Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs bezeichnete unerlaubte Handlung, d.h. die Verwendung fremder Geschäftsgeheimnisse, begangen hat.

Das Oberste Gericht, das über die Kassationsklage der Beklagten zu entscheiden hatte, stellte fest, dass das Unternehmensgeheimnis in Bezug auf die Herstellung des bestimmten Gerätes das Wissen und die Erfahrung umfasse, die sich auf alle Elemente des technologischen Produktionsprozesses erstreckten, unter anderem Konstruktionslösungen, technische Dokumentation, Art und Weise der Herstellung, verwendete Stoffe usw. In einem solchen Fall stelle der ganze Herstellungsprozess ein Geschäftsgeheimnis dar. Von daher verhindere ein Umstand, dass eines seiner Elemente, wie z.B. die Konstruktion des Gerätes, aufgrund der allgemein zugänglichen Informationen für die Personen, die sich damit beruflich beschäftigten, leicht zu erkennen sei, den ganzen Prozess geheim zu halten. Dieser Prozess bestehe jedoch aus dem Wissen, der Erfahrung, den verwendeten Mitteln und Aufwendungen, die dem konkreten Unternehmen ermöglicht hätten, allgemein zugängliche Informationen über die Konstruktion des Gerätes zu nutzen und aufgrund eigener Versuche und Experimente, technische Dokumentationen, bestimmte Herstellungsweise, Technologie und verwendete Materialien zu schaffen.

Für die vorliegende Entscheidung war es von Bedeutung, dass die Beklagte, ohne die Nutzung der vertraulichen Informationen des Konkurrenten, für die selbständige Bearbeitung und Ingangsetzung des Produktionsprozesses viel mehr Zeit sowie höhere Finanzaufwendungen gebraucht hätte und trotzdem sei es nicht sicher, ob die Beklagte, ohne die Informationen, die von dem ehemaligen Mitarbeiter der Klägerin übergeben worden waren, überhaupt mit der Produktion angefangen hätte.

  • Urteil des Obersten Gerichts vom 13. Februar 2014, Az. V CSK 176/13