Schadensersatzberechnungsmethode bei Urheberrechtsverletzungen in Polen verfassungswidrig

Der polnische Verfassungsgerichtshof hat entschieden, dass Art. 79 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b des polnischen Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Rechte vom 4. Februar 1994 mit Art. 64 Abs. 1 und 2 i.V.m. Art. 31 Abs. 3 i.V.m. Art. 2 der Verfassung der Republik Polen insofern unvereinbar ist, als sie einem Betroffenen, dessen urheberrechtliche Vermögensrechte verletzt worden sind, ermöglicht, von einem Verletzer, Schadensersatz in Höhe des dreifachen Betrages, den er als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte, zu verlangen.

Die Verfassungsbeschwerde wurde durch einen Anbietern von Kabelfernsehen erhoben, der wegen der Unstimmigkeiten bezüglich der Höhe von Lizenzgebühren noch einige Zeit nach dem Erlöschen des Vertrages mit der zuständigen Verwertungsgesellschaft urheberrechtlich geschützte Programme in seinem Kabelfernsehen ausgestrahlt hat, ohne entsprechenden Vertrag abzuschließen. Die Verwertungsgesellschaft hat Schadensersatz in Höhe von dreifachen ihr zustehenden Lizenzgebühren gerichtlich geltend gemacht. Die Gerichte beider Instanzen haben der Klage stattgegeben.

Nach Auffassung des Beschwerdeführers verstößt Art. 79 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Rechte, d.h. die Vorschrift, die die Rechtsgrundlage des zuerkannten Schadensersatzes bildete, gegen das Recht auf den gleichen Schutz von Eigentum und Vermögensrechte.

Der Verfassungsgerichtshof hat diese Auffassung geteilt und anerkannt, dass die vorbezeichnete Regelung den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletzt und greift zu weit in die Vermögensfreiheit des Verletzers ein.

Es ist unzumutbar, dem Inhaber von urheberrechtlichen Vermögensrechten zu ermöglichen, Schadensersatzanspruch in der Höhe geltend zu machen, die sich ganz von der tatsächlichen Höhe des erlittenen Schadens loslöst und sogar ihr Vielfaches beträgt.

Darüber hinaus kann die Einführung einer pauschalen Berechnungsmethode der Schadensersatzanspruchshöhe nicht zur vollständigen Unverhältnismäßigkeit zwischen der Höhe des erlittenen Schadens und des Schadensersatzes führen. Derartige Sanktion sei zu scharf.

Infolge des Urteils wurde zum 1. Juli 2015 die pauschale Berechnung des Schadensersatzes bei Urheberrechtsverletzungen ausgeschlossen. Es gelten seit diesem Zeitpunkt die allgemeinen Grundsätze des Zivilrechts.

  • Urteil des Verfassungsgerichtshofs vom 23. Juni 2015, Az. SK 32/14