Unternehmer können frei wählen, in welcher Sprache die Rechnung ausgestellt wird
In dem Verfahren, im Rahmen dessen dem Gerichtshof der Europäischen Union eine Vorabentscheidungsfrage gestellt wurde, ging es um den Rechtsstreit zwischen einem italienischen und einem belgischen Unternehmen wegen der unbezahlten Rechnungen. Im Laufe des Prozesses hat sich der italienische Unternehmer auf die Nichtigkeit der durch den Kontrahenten ausgestellten Rechnungen berufen, weil sie gegen die in Belgien geltenden Vorschriften über die anwendbare Sprache verstoßen haben.
Der EUGH hat jedoch festgestellt, dass die Vorschriften des belgischen Rechts, die jedes Unternehmen, das seinen Betriebssitz im Hoheitsgebiet der Flämischen Gemeinschaft hat, unter Androhung der vom Gericht von Amts wegen festzustellenden Nichtigkeit verpflichtet, sämtliche Angaben auf Rechnungen bezüglich grenzüberschreitender Geschäfte ausschließlich in der Amtssprache dieser Gemeinschaft abzufassen, gegen Art. 35 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union verstoßen. Diese Regelung stelle nach Ansicht des EuGH eine unzulässige Beschränkung des freien Warenverkehrs dar.
Der Gerichtshof hat hingewiesen, dass nach gefestigter Rechtsprechung eine nationale Maßnahme, die die Ausübung der garantierten Grundfreiheiten einschränkt, nur dann zugelassen werden kann, wenn sie ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel verfolgt, geeignet ist, dessen Erreichung zu gewährleisten, und wenn sie nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung des verfolgten Ziels erforderlich ist.
Die belgische Regierung machte geltend, dass eine solche Regelung nicht als eine Beschränkung des freien Warenverkehrs angesehen werden kann, da Rechnungen, auf die allein sich die Regelung beziehe, lediglich die Forderung bestätigten, die sich aus einem zwischen den betreffenden Parteien geschlossenen Vertrag ergebe. Den Vertragsparteien steht jedoch frei, einen solchen Vertrag in der Sprache ihrer Wahl abzufassen, so dass der Austausch der Willenserklärung zwischen diesen Parteien nicht beeinträchtigt wird. Als Rechtfertigung der Regelung hat die belgische Regierung solche Zwecke wie die Förderung des Gebrauchs der Amtssprache des betreffenden Sprachgebiets, sowie die Gewährleistung der Wirksamkeit der von den für die Mehrwertsteuer zuständigen Stellen durchgeführten Kontrollen genannt.
Der EuGH teilte diese Auffassung nicht und stellte fest, dass die Regelung, welche die Anwendung einer konkreten Sprache in den Rechnungsangaben unter Androhung der Nichtigkeit vorschreibt, beschränkende Wirkungen auf den Handel haben und davon abhalten könnte, vertragliche Beziehungen mit einem im niederländischen Sprachgebiet des Königreichs Belgien ansässigen Unternehmen einzugehen oder fortzusetzen.
Zwar ist das Ziel der Förderung des Gebrauchs einer der Amtssprachen eines Mitgliedstaats ein berechtigtes Ziel, das grundsätzlich geeignet ist, eine Beschränkung der nach dem Unionsrecht bestehenden Verpflichtungen zu rechtfertigen. Allerdings kann es im vorliegenden Fall angesichts der negativen Folgen für den Warenaustausch innerhalb der Europäischen Union nicht als verhältnismaßig angesehen werden.
- Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 21. Juni 2016 r., Sache C-15/15