Vorschlag für eine EU-Richtlinie über den Schutz vertraulichen Know-hows und Geschäftsgeheimnisse

Auf der EU-Ebene werden Legislativarbeiten an der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung der nationalen Vorschriften im Bereich des Schutzes des vertraulichen Know-hows und vertraulichen Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung geführt.

Dem Richtlinienvorschlag liegt die Überzeugung zugrunde, dass der Schutz der Geschäftsgeheimnisse eine erhebliche Bedeutung für Innovation und Konkurrenzfähigkeit der Unternehmen aus verschiedenen Branchen hat, die im Rahmen ihrer Wirtschaftstätigkeit in die Entwicklung der modernen Technologien investieren. Vertraulichkeit der geführten Forschungen und ihrer Ergebnisse stellt oftmals den Kern des ausgewählten Geschäftsmodells.

Der Schutz des Know-hows und Geschäftsinformationen soll wegen ihres Werts und der grundlegenden Rolle in dem immateriellen Vermögen der Unternehmen als die Ergänzung des Rechts des geistigen Eigentums angesehen werden. Im Anschluss daran stellt die Vereinheitlichung von rechtlichen Schutz der Geschäftsgeheimnisse ein Element der EU-Strategie in Richtung der Schaffung eines Binnenmarktes für geistiges Eigentum dar.

Der Richtlinienvorschlag führt den Begriff des Geschäftsgeheimnisses ein, die Informationen umfasst, welche die folgenden Voraussetzungen erfüllen:

– sie sind in dem Sinne geheim, dass sie weder in ihrer Gesamtheit noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personenkreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne weitere zugänglich sind,

– sie sind von kommerziellem Wert, weil sie geheim sind,

– sie sind Gegenstand von den Umständen entsprechenden angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen der Person, die die rechtsmäßige Kontrolle über die Information besitzt.

Der Erwerb eines Geschäftsgeheimnisses ohne Zustimmung dessen Inhabers ist jedenfalls dann als rechtswidrig zu betrachten, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig erfolgt durch::

– unbefugten Zugang zu oder Kopie von Dokumenten, Gegenständen, Materialien, Stoffen oder elektronischen Dateien, die der rechtsmäßigen Kontrolle durch den Inhaber des Geschäftsgeheimnisses unterliegen und die das Geschäftsgeheimnis enthalten oder aus denen sich das Geschäftsgeheimnis ableiten lässt:

– Diebstahl;

– Bestechung;

– Betrug;

– Verletzung einer Vertraulichkeitsvereinbarung oder Anstiftung zur Verletzung einer Vertraulichkeitsvereinbarung oder einer anderen Verpflichtung zur Geheimhaltung;

– jedes sonstige Verhalten, das unter den jeweiligen Umständen als mit einer seriösen Geschäftspraxis nicht vereinbart gilt.

Ein Geschäftsgeheimnis wird rechtswidrig genutzt oder offengelegt durch eine Person, die auf rechtswidrige Weise in Besitz des Geschäftsgeheimnisses gelangt ist, gegen eine Vertraulichkeitsvereinbarung oder eine andere Verpflichtung zur Geheimhaltung des Geschäftsgeheimnisses bzw. gegen eine vertragliche oder andere Verpflichtung zur Beschränkung der Nutzung des Geschäftsgeheimnisses verstoßen hat.

Ferner wird in der Richtlinie als die rechtwidrige Nutzung eines Geschäftsgeheimnisses das bewusste und vorsätzliche Herstellen, Anbieten oder Vermarkten rechtsverletzender Produkte oder die Einfuhr, Ausfuhr oder Lagerung rechtverletzender Produkte für diese Zwecke stellt eine rechtwidrige Nutzung eines Geschäftsgeheimnisses angesehen.

Durch die Vorschriften der Richtlinie werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, entsprechende Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe einzuführen, um rechtswidrigem Erwerb, rechtswidriger Nutzung und Offenlegung der Geschäftsgeheimnisse vorzubeugen und die Geltendmachung der daraus folgenden zivilrechtlichen Ansprüche zu ermöglichen.

Unter den Maßnahmen, die durch die zuständigen Justizbehörden gegen den Rechtsverletzter angeordnet werden können, findet man unter anderem Einstellung oder gegebenenfalls Verbot der Nutzung oder Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen Verbot des Herstellens, Anbietens, Vermarktens, der Nutzung, Einfuhr, Ausfuhr oder Lagerung rechtsverletzender Produkte bzw. Vornahme der entsprechenden Abhilfemaßnahmen hinsichtlich rechtsverletzender Produkte wie eine Verletzungserklärung, Rückruf der Produkte vom Markt oder ihre Vernichtung bzw. Beseitigung der rechtsverletzender Qualität der Produkte.

Die Mitgliedstaaten müssen auch die Möglichkeit der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen (bei der Festsetzung des Schadens kann auch der Pauschalbetrag in der Höhe der hypothetischen Lizenzgebühr nach den Regeln, die bei der Verletzung der Rechte des geistigen Eigentums gelten, bestimmt werden) sowie der Bekanntmachung oder Veröffentlichung der Gerichtsentscheidung, welche die Verletzung des Geschäftsgeheimnisses feststellt, gewährleisten.

Die Richtlinie regelt ebenfalls die Fragen der Geheimhaltung der Geschäftsinformationen während und nach Beendigung des Gerichtsverfahrens, sowie die einheitliche Verjährungsfrist.

Das Inkrafttreten des oben beschriebenen Rechtsaktes wird die Notwendigkeit der entsprechenden Anpassungsänderungen in den Rechtsystemen der einzelnen Mitgliedstaaten zur Folge haben.

Im Folgenden kurze Zusammenfassung der Regelungen zum Schutz der Geschäftsgeheimnisse in Polen, Deutschland und Frankreich:

POLEN

Gemäß Art. 11 Abs. des polnischen Gesetzes über die Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs sind unter einem Unternehmensgeheimnis der Öffentlichkeit nicht bekannt gegebene technische, technologische oder organisatorische Informationen des Unternehmens wie auch andere Informationen zu verstehen, die einen wirtschaftlichen Wert darstellen und bezüglich deren der Unternehmer alle erforderlichen Vorkehrungen getroffen hat, damit sie vertraulich bleiben

Eine unlautere Wettbewerbshandlung ist die Weitergabe, Veröffentlichung oder Verwendung fremder Informationen, die ein Unternehmensgeheimnis darstellen, oder ihr Erwerb von einem Nichtberechtigten, wenn dadurch das Interesse eines Unternehmers gefährdet oder verletzt wird.

Der Unternehmer, dessen Geschäftsgeheimnis verletzt wurde, kann gegen den Täter mit den im Art. 18 des Gesetzes vorgesehenen zivilrechtlichen Ansprüchen vorgehen.

Verletzung von Unternehmensgeheimnis, die zur Zufügung eines bedeutenden Schadens führt, stellt eine Straftat im Sinne des Art. 23 des Gesetzes dar, die mit der Geldstrafe, Freiheitsbeschränkung oder Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahren bedroht ist.

DEUTSCHLAND

Das deutsche Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb enthält keine Legaldefinition des Geschäftsgeheimnisses. In der Rechtsprechung wird unter Betriebs- und Geschäftsgeheimnis jede im Zusammenhang mit einem Betrieb stehende Tatsache, die nicht offenkundig, sondern nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt ist und nach dem bekundeten Willen des Betriebsinhabers, der auf einem ausreichenden wirtschaftlichen Interesse beruht, geheimgehalten werden soll, verstanden (BGH GRUR 2003, 356 (358) – Präzisionsmeßgeräte).

Verletzung des Geschäftsgeheimnisses wurde zwar nicht als eigenständiger Beispiel der unlauteren Handlung im Art. 4 UWG genannt, jedoch ist derartige Handlung im Lichte der Generalklausel des Art. 3 Abs. 1 UWG zu beurteilen bzw. falls die rechtswidrig erlangte Informationen zur Nachahmung der Produkte genutzt wurden, findet Art. 4 Abs. 9c UWG Anwendung. Einem beschädigten Unternehmen stehen die in Art. 8 ff. UWG bestimmten zivilrechtlichen Ansprüche zu.

Außerdem enthält das deutsche UWG im § 17 die Strafvorschriften zum Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen, die Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahre und in besonders schweren Fällen sogar bis zu 5 Jahren vorsehen. Mit einem besonders schweren Fall hat man zu tun, wenn der Täter gewerbsmäßig handelt oder wenn das Geheimnis im Ausland verwertet werden soll.

FRANKREICH

Das französische Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb enthält ebenfalls keine Legaldefinition des Geschäftsgeheimnisses. Dennoch verweisen verschiedene andere Gesetzestexte (zB.: Artikel L. 430-10 des Code du Commerce, Artikel L. 612-24 des Finanzrechtsgesetzes (code monetaire et financier) sowie die Jurisprudenz auf dieses Konzept, ohne es jedoch zu definieren. Ein Schutz besteht daher lediglich gegen unrechtmäßige Aneignung, Verwendung und Verbreitung der Informationen. Das zentrale Element hier ist daher das Nicht-Vorhandensein der Zustimmung des Inhabers des Geschäftsgeheimnisses, also zum Beispiel ein nicht-autorisierter Zugriff, Diebstahl, Korruption, Vertrauensmissbrauch, der Bruch einer Verschwiegenheitsvereinbarung, und jegliches anderes Verhalten, welches im Sinne des Geschäftsgebrauches einem ehrlichen Verhalten widerspreche.

Während die EU Richtlinie noch nicht verabschiedet wurde, wurde gleichzeitig im Juli 2014 ein nationaler Gesetzesentwurf der französischen Assemblé national vorgelegt (n° 2136, vom 16 Juli 2014). Dieser ist jedoch im Moment umstritten und es ist daher kaum abschätzbar, ob und wann das Gesetz in Kraft treten wird.

Der Entwurf der Direktive sieht Szenarien vor, wonach der Erhalt, die Verbreitung und die Verwendung der Informationen als rechtmäßig angesehen werde. Demgegenüber sieht der französische Gesetzesentwurf bestimmte Ausnahmen vor, in welchen das Geschäftsgeheimnis beschützt werden müsse, etwa bei Nicht-Vorliegen der Zustimmung des Innehabers der Information oder dem Nicht-Einhalten von Vorsichtsmaßnahmen – anders ausgedrückt, alles was nicht verboten sei, sei erlaubt.