Ein Rechtsanwalt, der einen Vertrag mit einer Bank abschließt, ist ein Verbraucher

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat sich erneut für eine breite Auslegung des Begriffs des Verbrauchers ausgesprochen. Er bestätigte gleichzeitig, dass bei der Beurteilung der Verbrauchereigenschaft die Anwendung anderer Kriterien als der Status einer natürlichen Person und die Vornahme des Rechtsgeschäfts zu den mit der Ausübung der wirtschaftlichen oder beruflichen Tätigkeit nicht verbundenen Zwecken nicht zulässig sei.

Die Vorabentscheidungsfrage des rumänischen Gerichts bezog sich auf einen Darlehensvertrag, der durch eine natürliche Person, die den Rechtsanwaltsberuf ausübt, mit einer Bank abgeschlossen wurde. Die Rückzahlung des Darlehens wurde durch eine an dem im Eigentum der Rechtsanwaltskanzlei stehenden Grundstück bestellte Hypothek gesichert. Der Kreditnehmer hat vor dem nationalen Gericht eine Klage auf Feststellung der Missbräuchlichkeit einer Klausel des Darlehensvertrages und auf Erstattung der von der Bank auf Grundlage dieser Klausel vereinnahmten Provision erhoben.

Die Frage des nationalen Gerichts war darauf gerichtet, ob eine den Rechtsanwaltsberuf ausübende natürliche Person, die mit einer Bank einen Darlehensvertrag schließt, in dem der Zweck des Darlehens nicht spezifiziert ist, als Verbraucher angesehen werden kann. Zu klären war darüber hinaus die Frage, wie sich dabei der Umstand auswirkt, dass die sich aus dem genannten Vertrag ergebende Forderung durch eine Hypothek gesichert war, die diese Person als Vertreter ihrer Rechtsanwaltskanzlei bestellt hat und Güter betrifft, die der Ausübung der beruflichen Tätigkeit der genannten Person dienen, wie insbesondere ein im Eigentum der Kanzlei stehendes Grundstück.

Der Gerichtshof stellte fest, dass der Rechtsanwalt, der mit einem Unternehmer (in diesem Fall mit einer Bank) einen Vertrag schließt, der mangels eines Bezugs zur Tätigkeit seiner Kanzlei nicht mit der Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in Verbindung steht, sich gegenüber der Bank in der schwächeren Position befinde und deshalb als Verbraucher anerkannt werden müsse.

In einem solchen Fall könne nicht, selbst wenn man annehme, dass der Rechtsanwalt über ein hohes Maß an Fachkenntnissen verfüge, vermutet werden, dass er die gleiche Stellung wie eine Bank habe. Dies stehe mit den festgesetzten Kriterien zur Einstufung als Verbraucher im Widerspruch.

Überdies hat der EuGH zutreffend erkannt, dass die Bestellung der Hypothek an dem im Eigentum der Rechtsanwaltskanzlei stehenden Grundstück für die Einstufung des Rechtsanwalts als Verbraucher im Rahmen des Hauptdarlehensvertrages irrelevant sei.

  • Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 3. September 2015, Az. C‑110/14