Das neue Insolvenz- und Restrukturierungsrecht in Polen

A. Änderung des Insolvenzrechts

Mit 1. Januar 2016 trat die Novellierung des Gesetzes vom 28. Februar 2003 über das Insolvenz- und Sanierungsrecht in Kraft. Das Gesetz heißt jetzt „Insolvenzrecht“ und enthält viele neue Regelungen, wie:

  • neue Definition von Zahlungsunfähigkeit – der Schuldner wird zahlungsunfähig, wenn er die Fähigkeit zur Erfüllung seiner fälligen Geldverbindlichkeiten verloren hat;
  • Vermutung der Zahlungsunfähigkeit: a) wenn die Verspätung in der Erfüllung fälliger Geldverbindlichkeiten drei Monate überschreitet, b) im Falle von juristischen Personen und anderen Einheiten mit Rechtspersönlichkeit – wenn Geldverbindlichkeiten das Vermögen dieser Person überschreiten und dieser Zustand länger als 24 Monaten dauert;
  • Einführung nur einer Art der Insolvenz (keine Einteilung in die Liquidationsinsolvenz und Insolvenz mit der Möglichkeit des Vergleichsabschlusses – allerdings ist der Abschluss eines Vergleichs nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach wie vor möglich);
  • Bestimmung des Kreises von Personen, die zur Stellung eines Antrags auf die Insolvenzeröffnung verpflichtet sind (jeder, der aufgrund des Gesetzes, Gesellschaftsvertrages oder der Gesellschaftsatzung zur Führung und Vertretung der Gesellschaft einzeln oder mit anderen Personen berechtigt ist);
  • Schadensersatzhaftung einer zur Stellung eines Antrags auf die Insolvenzeröffnung verpflichteten Person für vermutetes Verschulden, die gegenüber einem Gläubiger auf die Höhe der ausstehenden Forderung beschränkt ist;
  • Verlängerung der 14-tägigen Frist für die Stellung eines Antrags auf die Insolvenzeröffnung bis zu 30 Tagen;
  • Bestimmung der Zuständigkeit des Insolvenzgerichts nach dem „Mittelpunkt der hauptsächlichen Tätigkeit des Schuldners“;
  • Möglichkeit der Veräußerung eines Unternehmens oder eines organisierten Teils eines Unternehmens des Schuldners aufgrund des sog. prepackaged Plans und nach der Bestätigung von Verkaufsbedingungen durch das Gericht.

 B. Einführung des Restrukturierungsrechts

Unternehmer, denen Zahlungsunfähigkeit droht, können seit dem 1. Januar 2016 neue Formen des Sanierungsverfahrens in Anspruch nehmen, die mit dem Gesetz vom 15. Mai 2015 über das Restrukturierungsrecht eingeführt wurden.

Das Restrukturierungsverfahren soll einem Unternehmer helfen, die Eröffnung der Insolvenz über sein Vermögen zu vermeide, indem es ihm die Restrukturierung im Wege des Abschlusses eines Vergleichs mit Gläubigern und im Sanierungsverfahren im Wege der bestimmten Sanierungsmaßnahmen bei der gleichzeitigen Sicherung von Gläubigerrechten ermöglicht. Das neue Gesetz regelt folgende Verfahrensarten

• Verfahren zur Bestätigung eines Vergleichs;
• beschleunigtes Vergleichsverfahren;
• Vergleichsverfahren;
• Sanierungsverfahren.

Im Falle des Zusammentreffens des Insolvenz- und Restrukturierungsverfahrens ist der Restrukturierungsantrag vorrangig und das Insolvenzgericht stellt die Entscheidung über den Insolvenzantrag bis zur Beendigung des Restrukturierungsverfahrens ein.

Über den Restrukturierungsantrag entscheidet das Restrukturierungsgericht, d.h. das Amtsgericht – Wirtschaftsgericht, das für den Ort zuständig ist, an dem der Schuldner den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Tätigkeit hat.

An dem Verfahren nimmt ein Gerichtsaufseher oder Gerichtsverwalter teil, der eine Lizenz für Restrukturierungsberater haben muss.

Sofern kein Gerichtsverwalter bestellt wurde, übt der Schuldner die Eigenverwaltung über sein Vermögen aus. Die Eröffnung des Restrukturierungsverfahrens hat keinen Einfluss auf die Rechtsfähigkeit und Geschäftsfähigkeit des Schuldners. Nach der Verkündung des Beschlusses über die Eröffnung des Restrukturierungsverfahrens tritt der Unternehmer im Geschäftsverkehr unter der bisherigen Firma mit der zusätzlichen Bezeichnung „in Restrukturierung“ auf.

Ab 2018 ist die Einführung des Zentralen Registers der Restrukturierung und Insolvenz geplant, das u.a. die Suchmaschine für Insolvenzsachen enthalten wird.