10 Jahre „Portal Wettbewerbsrecht & Compliance“ (2014-2024) – was hat sich im Gesetz zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs geändert?

Das Portal für Wettbewerbsrecht „Unfair Competition & Compliance Law Portal“ funktioniert schon seit 10 Jahren. Das Projekt, dessen Ziel von Anfang an die Verbreitung von Wissen über die Vorbeugung und Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs und über damit zusammenhängende Probleme war, wurde im Oktober 2014 gestartet. „UCLP“ ist eine Zeitschrift, die in das Register der Zeitungen und Zeitschriften, das vom Amtsgericht in Warschau geführt wird, unter der ISSN-Nummer 2543 5663 eingetragen ist.

Das Portal für Wettbewerbsrecht veröffentlicht Neuigkeiten und Beispiele aus der Rechtsprechung auf dem Gebiet des Rechts des unlauteren Wettbewerbs und verwandter Bereiche.

In den 10 Jahren der Tätigkeit von „UCLP“ haben wir die Entwicklung des Rechts des unlauteren Wettbewerbs in Polen und viele Gesetzesänderungen in Bezug sowohl  auf das materielle Recht als auch auf die Prozedur in Angelegenheiten des unlauteren Wettbewerbs miterlebt.

Im Folgenden fassen wir die wichtigsten Änderungen des Gesetzes vom 16. April 1993 zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs und der Zivilprozessordnung zusammen, die in den letzten 10 Jahren vorgenommen wurden.

 Schutz von Geschäftsgeheimnissen

Am 4. September 2018 ist eine Änderung des Gesetzes zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs betreffend den Schutz von Geschäftsgeheimnissen in Kraft getreten. Dadurch wurde die Richtlinie (EU) 2016/943 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb, rechtswidriger Nutzung und rechtswidriger Offenlegung in die polnische Rechtsordnung umgesetzt.

Nach der neuen Definition umfasst ein Geschäftsgeheimnis technische, technologische, organisatorische Informationen eines Unternehmens oder andere Informationen von wirtschaftlichem Wert, die als Ganzes oder in einer bestimmten Kombination und Gesamtheit ihrer Elemente, Personen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen zu tun haben, nicht allgemein bekannt sind oder für diese Personen nicht leicht zugänglich sind, sofern sich die zur Nutzung oder Verfügung über die Informationen berechtigte Person dazu verpflichtet hat,  mit der gebotenen Sorgfalt Maßnahmen ergreifen, um sie vertraulich zu behandeln.

Unlauter ist die Offenlegung, Verwendung oder Erwerb der Informationen, die ein Geschäftsgeheimnis darstellen. Das Gesetz legt detailliert fest, worin jede der Handlungen besteht, und weist auch auf Situationen hin, in denen eine solche Handlung nicht als Rechtsverstoß eingestuft wird (z. B. Reverse Engineering, Schutz eines gesetzlich geschützten Interesses).

Erweitert wurde der Katalog der zivilrechtlichen Ansprüche, die dem geschädigten Unternehmer zustehen. Er kann zusätzlich die Veröffentlichung des Urteils verlangen sowie Schadensersatz in der Vergütung, die ihm für die Erteilung der Zustimmung zur Verwendung von Informationen, die ein Geschäftsgeheimnis darstellen, zustehen würde, geltend machen. Andererseits kann der Urheber einer unlauteren Wettbewerbshandlung bei Vorliegen mildernder Umstände die Festsetzung einer bestimmten Vergütung beantragen, anstatt ihm die weitere Verwendung von Informationen zu untersagen, die ein Geschäftsgeheimnis einer anderen Person darstellen.

Über die Änderungen der Vorschriften zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen haben wir auf dem UCLP-Portal informiert:

https://deutschsprachiger-anwalt-polen.de/geschaftsgeheimnis-nach-der-noveliierung-des-gesetzes-zur-bekampfung-des-unlauteren-wettbewerbs/

https://deutschsprachiger-anwalt-polen.de/verletzung-von-geschaftsgeheimnissen-neue-anspruche/

 Neue unlautere Wettbewerbshandlungen

 Verstöße im Zusammenhang mit der Bereitstellung von Wirtschaftsinformationen

Seit dem 13. November 2017 ist Artikel 17f des Gesetzes zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs in Kraft, mit dem eine neue unlautere Wettbewerbshandlung hinzugefügt wurde.

Die Einführung dieser Vorschrift stand im Zusammenhang mit der Festlegung der Regeln für die zivilrechtliche Haftung des Gläubigers und des Wirtschaftsinformationsbüros für unrechtmäßige Weitergabe, Nichtaktualisierung oder Nichtlöschung eines Eintrags nach dem Gesetz über die Bereitstellung von Wirtschaftsinformationen und den Austausch von Wirtschaftsdaten.

Als unlautere Handlung im Sinne des Art. 17f wird der Verstoß gegen die Vorschriften über den ordnungsgemäßen Verkehr von Wirtschaftsinformationen qualifiziert.

Diese Handlung kann von einem Gläubiger begangen werden, der dem Wirtschaftsinformationsbüro unter Verstoß gegen das oben genannte Gesetz Daten zur Verfügung stellt oder trotz des Bestehens einer solchen Verpflichtung keine Aktualisierung oder Löschung von Informationen beantragt.

Unlauter kann auch das Wirtschaftsinformationsbüro selbst handeln, wenn es entgegen seiner Verpflichtung Wirtschaftsinformationen nicht löscht oder nicht aktualisiert.

Die neuen Regelungen sollen den Schuldner vor der Offenlegung falscher, veralteter oder unvollständiger Informationen und den damit verbundenen negativen Folgen für seine Glaubwürdigkeit und guten Ruf schützen.

Wir möchten Sie daran erinnern, dass in der dritten Edition des Wettbewerbs für die beste Magisterarbeit im Jahre 2020 der Preis an den Autor der Arbeit verliehen wurde, die dem Thema des Verstoßes gegen die Regeln für die Bereitstellung von Wirtschaftsinformationen als unlautere Wettbewerbshandlung gewidmet war:

https://uclp.com.pl/wreczenie-nagrody-konkurs-na-najlepsza-prace-magisterska/

 Ungerechtfertigte Verlängerung von Zahlungsfristen

 Am 1. Januar 2020 trat eine Novelle des Gesetzes zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs in Kraft, mit der in Artikel 17g eine neue Handlung des unlauteren Wettbewerbs eingeführt wurde.

Es handelt sich um eine ungerechtfertigte Verlängerung der Zahlungsfristen für gelieferte Waren oder Dienstleistungen. Zweck der Regelung ist der Schutz vor den sogenannten Zahlungsstaus, die für kleine und mittlere Unternehmen besonders gravierend sein und den Wettbewerb auf dem Markt verfälschen können.

 Art. 17g enthält Beispiele für Maßnahmen, die die Tatbestandsmerkmalen dieser unlauteren Wettbewerbshandlung erfüllen können. Dies ist jedoch kein vollständiger Katalog.

 Die Verlängerung von Zahlungsfristen sollte als ungerechtfertigt angesehen werden, wenn sie gegen das Gesetz oder die guten Sitten verstößt. Das sind allgemeine Voraussetzungen für unlautere Wettbewerbshandlungen gem. Art. 3 Abs. 1 des poln. UWG. Die neue Vorschrift stellt jedoch klar, dass eine solche Situation insbesondere dann eintritt, wenn die Fristverlängerung unter Verstoß gegen die Bestimmungen des Gesetzes vom 8. März 2013 zur Bekämpfung übermäßiger Verzögerungen im Handelsverkehr erfolgt.

Darüber hinaus kann es sich um eine eklatante Abweichung von der guten Geschäftspraxis handeln, die gegen die Grundsätze von Treu und Glauben und Fairness verstößt; Nichtanpassung an den Lieferplan für Waren oder Zeitplan für die Erbringung von Dienstleistungen oder Nichtberücksichtigung der Eigenschaften der Waren oder Dienstleistungen, die Gegenstand des Vertrags sind.

Eine ungerechtfertigte Verlängerung der Zahlungsfristen stellt in den meisten Fällen das Ergebnis des Missbrauchs der Marktstellung durch einen der Vertragspartner und kann daher erhebliche Auswirkungen auf die Beziehungen zwischen den Wettbewerbern haben und somit zum Bestandteil des Wettbewerbskampfes auf dem Markt werden. Die neue Regelung zielt darauf ab, Zuwiderhandlungen in diesem Bereich zu beseitigen, indem dem geschädigten Unternehmer die im Gesetz zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs festgelegten Ansprüche zuerkannt werden.

Wir haben über die neue Regelung auf dem UCLP-Portal informiert:

https://deutschsprachiger-anwalt-polen.de/polski-wydluzanie-terminow-platnosci-jako-czyn-nieuczciwej-konkurencji/

 Verstoß gegen kartellrechtliche Praktiken

Seit dem 24. September 2021 ist Artikel 15c des Gesetzes zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs in Kraft, der eine weitere Handlung des unlauteren Wettbewerbs definiert.

Als eine Handlung des unlauteren Wettbewerbs gilt der Verstoß gegen das Verbot wettbewerbsbeschränkender Praktiken im Sinne der Artikel 6 und 9 des Gesetzes vom 16. Februar 2007 über den Wettbewerb und den Verbraucherschutz (Gesetzblatt von 2021, Pos. 275) sowie der Artikel 101 und 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union.

Der Gesetzgeber hat sich entschieden, die Voraussetzungen für eine unlautere Wettbewerbshandlung unter Verweis auf die Vorschriften des nationalen und des EU-Kartellrechts zu definieren. Vor diesem Hintergrund ist es verboten, wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen zu treffen und eine beherrschende Stellung zu missbrauchen.

Die Möglichkeit der Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche nach dem Gesetz zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs stärkt die Position eines Unternehmers, der durch wettbewerbswidrige Handlungen geschädigt wurde. Es ist jedoch zu betonen, dass im Falle einer Handlung nach Art. 15c die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs nach Art. 18 Abs. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs ausgeschlossen ist, da insoweit die Bestimmungen des Gesetzes vom 21. April 2017 über Ansprüche auf Ersatz von Schäden, die durch Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht verursacht wurden, anwendbar sind.

Weitere Informationen finden Sie auf unserer UCLP-Seite:

https://deutschsprachiger-anwalt-polen.de/polski-nowy-czyn-nieuczciwej-konkurencji-naruszenie-zakazu-praktyk-ograniczajacych-konkurencje/

Gerichtsverfahren in Sachen des unlauteren Wettbewerbs

Wesentliche Änderungen bei der Verfolgung von Ansprüchen aus dem Recht des unlauteren Wettbewerbs hat die Novelle der Zivilprozessordnung vom 13. Februar 2020 mit sich gebracht.

In die Zivilprozessordnung wurde ein gesonderter Abschnitt über die Prozedur in den Angelegenheiten des geistigen Eigentums aufgenommen, die auch die Vorbeugung und Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs umfassen.

Ab dem 1. Juli 2020 sind für die Angelegenheiten des Lauterkeitsrechts die Bezirksgerichte zuständig, in denen spezialisierte Abteilungen für geistiges Eigentum eingerichtet wurden. Aufgrund der entsprechenden Verordnungen wurden die Sachen des geistigen Eigentums an fünf Bezirksgerichte (in Danzig, Kattowitz, Lublin, Posen und Warschau) und zwei Berufungsgerichte (in Warschau und Posen) übertragen. Für Angelegenheiten im Zusammenhang mit Geschäftsgeheimnissen technischer Art ist ausschließlich das Bezirksgericht in Warschau zuständig.

Im Rahmen des Zivilverfahrens ist es möglich, neue Institutionen zu nutzen, die nur für die Sachen aus dem Bereich des geistigen Eigentums anwendbar sind. Dazu gehört die Institution der Beweissicherung vor oder während des Verfahrens. Diese Institution besteht darin, dass der Beklagten oder eine andere Stelle zur Vorlage bestimmter Beweismittel verpflichtet werden kann, wenn es andernfalls unmöglich oder ernsthaft schwierig wäre, relevante Tatsachen darzulegen oder zu beweisen. Dies gilt auch wenn eine Gefahr besteht, dass Beweismittel vernichtet werden oder eine Verzögerung bei der Beweisaufnahme die Erreichung des Ziels des Beweisverfahrens verhindern oder ernsthaft behindern könnte oder wenn aus anderen Gründen die Feststellung des Sachverhalts erforderlich ist. Eine ähnliche Institution ist der Antrag auf Offenlegung oder Ausstellung von Beweismitteln durch den Beklagten.

In der poln. ZPO wurden auch die Regeln für die Geltendmachung des sogenannten Auskunftsanspruchs bestimmt, dessen Zweck es ist, den Rechtsverletzer oder ein anderes Unternehmen aufzufordern, Auskunft über die Herkunft und die Vertriebsnetze von Waren oder Dienstleistungen bereitzustellen, wenn dies zur Verfolgung des Anspruchs erforderlich ist.

Die Fragen des Auskunftsanspruchs wurde auch auf dem UCLP-Portal thematisiert:

https://deutschsprachiger-anwalt-polen.de/auskunftsanspruch-und-seine-voraussetzungen/