Verstoß gegen § 10 des Landespressegesetzes als unlautere Wettbewerbshandlung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG

Die Klage wurde von der Verlegerin der Tageszeitung aus Stuttgart gegen die Verlegerin des Anzeigeblatts aus derselben Stadt erhoben. Grund war die Veröffentlichung durch die Beklagte von zwei entgeltlichen Beiträgen, die zwar in der Titelzeile mit dem Zusatz „sponsored by“ versehen wurden, jedoch ohne die Kennzeichnungen als „Anzeige“, die zur Trennung von den redaktionellen Beiträgen durch § 10 des Landespressegesetzes Baden-Württemberg  (LPresseG BW) verlangt wird. Die Klägerin hat geltend gemacht, dass die geschäftliche Handlung der Beklagten nicht nur eine unlautere Wettbewerbshandlung, sondern auch die unlautere Geschäftspraktik gegenüber den Lesern der Zeitung als Verbrauchern darstellt.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im Urteil vom 6. Februar 2014 entschieden, dass es sich bei § 10 LPresseG BW („Hat der Verleger eines periodischen Druckwerks oder der Verantwortliche für eine Veröffentlichung ein Entgelt erhalten, gefordert oder sich versprechen lassen, so hat er diese Veröffentlichung, soweit sie nicht schon durch Anordnung und Gestaltung allgemein als Anzeige zu erkennen ist, deutlich mit dem Wort „Anzeige“ zu bezeichnen“) um eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 4 Nr. 11 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) handelt. Der Verstoß gegen diese Bestimmung kann demgemäß eine unlautere Wettbewerbshandlung der Presseverleger darstellen.

Gem. § 4 Nr. 11 des deutschen UWG handelt unlauter insbesondere, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.

Der BGH hat festgestellt, dass die Regelung aus dem § 10 LPresseG BW zwei gleichrangig nebeneinanderstehende Ziele verfolgt: einerseits will sie eine Irreführung der Leser verhindern, andererseits dient sie der Erhaltung der Objektivität und Neutralität der Presse und bezweckt den Schutz der Lauterkeit des Wettbewerbs und steht damit im Interesse anderer Marktteilnehmer.

Anzumerken ist, dass der BGH dem Europäischen Gerichtshof in der hier genannten Angelegenheit eine Frage zur Vorabentscheidung gestellt hat, welche sich auf die Auslegung des Art. 7 der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt und der Übereinstimmung des § 10 des LPresseG BW mit dieser Regelung bezogen hat.

Der EuGH hat im Urteil vom 17. Oktober 2013 in der Sache C 391/13 RLvS Verlagsgesellschaft mbH / Stuttgarter Wochenblatt GmbH entschieden, dass es nicht möglich ist, sich gegenüber Presseverlegern auf die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken zu berufen. Die Bestimmungen der Richtlinie bezwecken nicht den Schutz anderer Presseverleger. Die Richtlinie ist unter diesen Umständen jedoch dahin auszulegen, dass sie der Anwendung einer nationalen Bestimmung nicht entgegensteht, wonach Presseverleger jede Veröffentlichung in ihren periodischen Druckwerken, für die sie ein Entgelt erhalten, speziell kennzeichnen müssen – im vorliegenden Fall mit dem Begriff „Anzeige“ -, es sei denn, durch die Anordnung und Gestaltung der Veröffentlichung ist allgemein zu erkennen, dass es sich um eine Anzeige handelt.

  • Urteil des BGH vom 6. Februar 2014, Az. I ZR 2/11 („GOOD NEWS II“)
  • Urteil des EuGH vom 17. Oktober 2013, C-391/12